Geschichtliches

    Länger hat es gedauert, bis das Große Walsertal besiedelt wurde. Als erstes gesichertes geschichtliches Datum des Tales gilt das Jahr 941, als sich der Eremit Gerold zur Verehrung Gottes an einer Stelle niederließ, an der später die Propstei St. Gerold entstehen sollte.

    Zwischen 1000 und 1300 siedelten die ersten rätoromanischen Bauern im Tal, die aber zum größten Teil gegen 1300 wieder ihre Höfe verließen. Teilweise wird auch vermutet, dass die "Walser" die Rätoromanen "langsam vertrieben" haben. Zahlreiche Orts- und Flurnamen legen heute noch ein beredetes Zeugnis von der rätoromanischen Siedlungsgeschichte ab.

    So leitet sich der Name Raggal aus dem rätoromanischen "runcale" ab, das der deutschen Bedeutung "roden" entspricht.

    Die Landesherren, die Grafen von Montfort, die auf der Schattenburg in Feldkirch residierten, riefen an der Wende des 13. zum 14. Jahrhundert Walser Bergbauern nach Vorarlberg, die ihre Heimat, (vermutlich) den Schweizer Kanton Wallis, hauptsächlich wegen Übervölkerung zu Tausenden verließen. Ihre sprichwörtliche Zähigkeit, ihre Fähigkeit in Rodung, Ackerbau vor allem aber Viehzucht prädestinierten sie geradezu, die steilen Lagen des Hochtales zu besiedeln.

    Raggal breitet sich in schöner Lage aus über die nördliche Schrägfläche des Hohen Fraßen. Der Standort der Kirche liegt in 1016 m Meereshöhe. Ein herrlicher Blick eröffnet sich von hier aus auf die gegenüber liegenden Gemeinden Blons und St. Gerold, hinaus nach Thüringerberg und taleinwärts nach Sonntag und Fontanella.

    Sechs Walsergemeinden bilden heute mit ihren etwa 3300 Einwohnern die politische Struktur des Großen Walsertales.

    Zufolge der einläßlichen Forschung von C. Fritz "Walser" (1930) ist die Annahme wohl berechtigt, dass das nach den Walsern benannte Tal der Lutz schon vor deren Einwanderung teilweise schon ganzjährig bewohnt war, teilweise allerdings und zwar zumeist in seinem hinteren Teil nur in der besseren Jahreszeit von Älplern, Holzern und Jägern bezogen war. Hauptbeweis für diese Annahme ist das auffalend zahlreiche Vorkommen echter rätoromanischer Hof- und Flurnamen, nicht nur Alpennamen, besonders im St. Geroldischen.

    So dürften Raggal und Marul als rätoromanische Dauersiedlungen zu betrachten sein. Als dann die erste Walsereinwanderung ins Talgebiet der Lutz erfolgt - nach Fritz (aaO.S.179 und 283) mutmaßlich schon vor 1300 - da mochte die Besiedlung des hinteren Tales wohl zum größeren Teil von Raggal aus vor sich gegangen sein. Denn Sonntag bildete in der Folge mit Raggal ein Gericht und eine gleiche Steuergnos.
    Seit 1397 bestand im Tale das Walsergericht. Es wurden den Walsern vom Landesherrn Graf Hartmann von Werdenberg, Bischof von Chur, verliehen, damit sie nicht dem zweimal jährlich tagenden Gericht im Walgau (Blumenegg) wegen der großen Entfernung und Beschwerlichkeit sich unterziehen müssten.
    Der neue Landesherr Freiherr Wolfhart von Brandis bestätigte 1422 dieses Walsergericht. Den eigentlich örtlichen Gerichtsbezirk bildeten nunmehr die beiden rein walserischen Gemeinden Raggal und Sonntag; doch gehörten dazu auch die übrigen in der Blumenegger Herrschaft zerstreut und mit anderen gemischt wohnenden Walliser persönlich. von nun an hatten die Walser  ihre eigenen Ammänner, die in Garsella, dem natürlichen Mittelpunkt des Bezirks, Gericht hielten.

    Die Neue Raggalerstraße wurde im Ersten Weltkrieg durch Kriegsgefangene 1916-1919 angelegt und 1925 vollendet. Die Gehzeit von der Lutzbrücke in Ludesch bis zur Raggaler Kirche beträgt ca. 1,5 Stunden.

    Bis auf den heutigen Tag haben die Walser ihre eigene Mundart, teilweise ihren eigenen Baustil (alte Bestandsobjekte) und ihre an Festtagen getragene typische Tracht erhalten.

    Das Großes Walsertal hat mehrere ausgewiesene Pflanzen- und Naturschutzgebiete (Faludriga- und Gadental). Das Pflanzenschutzgebiet Sonntag, das größte seiner Art in Vorarlberg, besteht seit 1968. Hier dürfen Pflanzen und Sträucher weder gepflückt noch ausgegraben werden.